Juni 25
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1989 bin ich in Paclenica zum ersten Mal in Kroatien geklettert. Seitdem war ich öfters in Kroatien, zuletzt habe ich 2009 auf der Insel Hvar kroatischen Fels in der Hand gehabt. An der Ostküste Istriens, gegenüber von Rijeka, liegt eine Topdestination.

Einige 100 Meter über der Bucht von Medveja, bieten mehrere imposante und mit Tufa bestückte Wände eine relativ hohe Dichte an hervorragenden, schweren und schwersten Routen.

Mit „More“ kann Medveja sogar mit der ersten 9a Kroatiens aufwarten. Selbst Adam Ondra, der Sportklettermeister himself, hat Medveja schon 2016 einen Besuch abgestattet und das Gebiet für lohnenswert befunden (nachdem er „More“ abgehakt hatte😊).

Wer auf 8a.nu nachsieht wird feststellen, dass 90 % der Begehungen in Medveja nicht im Sommer sondern zumeist in der kalten Jahreszeit gemacht werden. Eigentlich ist es deshalb nicht wirklich sinnvoll im Juni dort einzuchecken… Aber in den 2010er Jahren habe ich bereits vier wunderschöne Kletterurlaube auf der griechischen Insel Kalymnos im Hochsommer verbracht, mit Hitze komme ich ganz gut zurecht. So wagte ich in diesem Juni einen zweiwöchigen Trip nach Medveja während der Pfingstferien.

Zusammenfassend: es hat sich gelohnt, obwohl die für mich schweren Routen (erwartungsgemäß) nicht zur Debatte standen. Aber ein Topgebiet für zwei Wochen nur für sich alleine zur Verfügung zu haben? Das gibts nicht alle Tage, ausser du bist antizyklisch unterwegs, was übrigens ein Lebensprinzip von mir ist.

Davon abgesehen ist Istrien reich an Geschichte. Es gibt eine Menge zu besichtigen und zu bestauenen. Von den Überresten aus der Römerzeit, über Zeugnisse aus dem goldenen venezianischen Zeitalter (ca. 1290-1790) und Küstenstädtchen mit dem morbiden Charme der österreichischen K&K Gründerzeit (ca. 1790-1918) bis zur erfolgreichen Widerstandsgeschichte der Partisanen gegen den Terror Nazideutschlands in den 1940er Jahren ist eine Menge geboten. Istrien ist somit ein Art kleiner Schmelztiegel, der mittel- und südosteuropäische Einflüße und Geschichte vom Altertum bis zur Moderne verbindet.

Nachdem sich Kroatien in den 1990er Jahren vom serbischen Joch befreien konnte, ist es heute Teil der modernen, europäischen Demokratien in der EU. Das ist deutlich wahrzunehmen (z.B. halten sich viele Verkehrsteilnehmende vorbildlich an die Verkehrsregeln). Der Zustand von vor den antiserbischen Befreiungskriegen verglichen mit dem heutigen Kroatien spiegelt einen enormen Entwicklungssprung wieder. Ich habe dort in den 1980er Jahren noch Dörfer ohne Strom- und Wasseranschluss, sowie mit lehmgestampften Hauptplätzen incl. mittelalterlichem Ziehbrunnen gesehen, wo als einziges Transportmittel Esel genutzt wurden. Das heutige Kroatien dagegen ist ein pulsierendes, modernes, frisches Land im Herzen des freien Europas. Für kulturell und geschichtlich Interessierte ist die große Halbinsel am nordöstlichen Ende der Adria also immer einen Besuch wert, abgesehen von den vielfältigen Klettergebieten natürlich ;).



