Klettern in Kopenhagen

Dänemark, das südlichste skandinavische Land hat kaum ein Erhebung über 100m. Ein paar Boulderblöcke am Strand, das war’s dann mit Klettern im Norden von Flensburg… – dachte ich. Weit gefehlt, denn die Dänen müßen nur über eine der größten Brücken Europas nach Schweden hinüberfahren und sind schon nicht mehr weit weg von den besten Kletter- und Bouldersports Skandinaviens. Da liegt es auf der Hand, dass es im flachen Dänemark auch ein paar coole Kletter- und Boulderhallen gibt. Von diesen sticht der Nørrebro Klatreklub im gleichnamigen Kopenhagener Szene-Stadtviertel besonders heraus.

GALST – was wie eine kryptische Abkürzung ausieht, heißt real Gammelstrand, eine uralte Straße am alten Hafen von Kopenhagen

Der Nørrebro Klatreklub ist ein kleiner, seit 13 Jahren selbstverwalteter Boulderclub, bestückt mit 150 Bouldern vom Feinsten. Unfassbar, fast jeder Move ein Schmankerl! Ja das geht, denn hier schrauben die Nutzer selbst. Bockstarke, muskelbepackte Dänen und Däninnen sind dort am Start, die sich aber von unseren ebenso bockstarken Vertreter*innen der deutschen Klettergemeinde im Allgemeinen durch filigrane Klettertechnik und im Besonderen durch elegantes Bewegen auffällig unterscheiden. Garniert ist der Klatreklub durch eine entspannt freundliche Atmosphäre, die übrigens in ganz Kopenhagen usus zu sein scheint.

Asterix & Obelix (+ Idefix!) in Kristiania

In der international geprägten Hafenstadt, wird Toleranz und verständnisvoller Umgang groß geschrieben. Die Weltläufigkeit der Kopenhagener wird noch dadurch unterstrichen, dass viele Dänen*innen (auch Kinder) selbst im Alltag ins Englische überwechseln. Verständigung über alle kulturell-ethnischen Grenzen hinweg ist dort deshalb zero problem.

Kopenhagen zeichnet sich sichtbar durch offensiv demonstrierte Solidarität und eine Unmenge von Fahrrädern aus

Kopenhagen, nach Umfragen die aktuell glücklichste Stadt der Welt, hat einiges zu bieten: kaum großflächige Werbung, ein unglaublich gut ausgebautes Netz an ultrabreiten Fahrradwegen kreuz und quer durch die Stadt, die höchste künstliche Kletteranlage Europas (80m – 3 Seillängen) in der Nähe der wild lebendigen Freistadt Kristiania. Auch nahe bei Kristiania: das subkulturelle Künstler- und Werkstattviertel am nördlichen Hafenrand, das eine zweite, noch um ein Vielfaches größere, selbstverwaltete Kletterhalle bietet, das Bloc & Walls.

Ohne Kletterprüfung – keine Klettererlaubnis im selbstverwalteten Blocs & Walls

Dort konnte ich keinen dänischen Kletterschein vorweisen und wurde deshalb (zu meinem Amusement) bgzl. meiner Sicherheitsfertigkeiten über 20 Minuten vom Personal aufs Allerstrengste geprüft. Erst nachdem ich diese Prüfung bestanden hatte, wurde mir die offizielle Erlaubnis zum Leadklettern erteilt (den Kletterschein habe ich dazugeschenkt bekommen :)).

Die Hausband von Kristiania gibt sich im Jazzclub im berühmten Kulturzentrum Operaien die Ehre – ein unvergesslicher Abend! Auf dem Bild enthalten: Ein Querflötist, der sein Halstuch über dem Kopf schwingt, ein junger POC der hervorragend Trompete spielt, ein Sänger, der auch Barmann des Operaien ist, ein entfernter Verwandter von Lee (Scratch) Perry, ein Kontrabassist, zwei E-Gitarristen, eine Barfrau, die gut tanzen kann und noch einige mehr :). Der Jazzclub Kristiania existiert seit 1971.
am nördlichen Eingang von Kristiania

Abgerundet wurde der durchwegs positive Eindruck Kopenhagen’s durch die bereits erwähnte Freistadt Kristiania. Dort gibt es weder eine Polizei, noch eine Baubehörde, noch ein einziges Auto. Wie in einem Märchenland, sind dort dutzende Eigenbauten in einer teils superidyllischen Natur-, teils urbanen Hafenlandschaft erstellt und/oder ausgebaut worden. Auch Kristiania ist selbstverwaltet, was aber keinesfalls paradiesischen Umständen zu verdanken ist, sondern harter idealistischer Arbeit über zwei bis drei Generationen mehrerer 1000 Aktiver, die sich dort seit über 50 Jahren engagieren.

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Das ganze andere, idyllische Kristiania: im grünen Dickicht am Ufer eines Nebenflusses des Kopenhagener Hafens, sind einige phantastische Ökohäuschen versteckt.
Manches erschliesst sich erst auf den zweiten Blick

Im Rückblick sind überwiegend sehr gute Erinnerungen an Kopenhagen in meinem Bewußtsein hängen geblieben. Ein Besuch dieser Weltstadt ist (nicht nur für Kletternde) empfehlenswert.

das Rathaus von Kopenhagen – auch hier: demonstrative Solidarität

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