Der „Bouumeffekt“ – ein Nachruf auf den „ZHS – von Zitzewitz Cup“

Anmeldung zum ZHS-Boulderwettkampf

Anmeldung zum ZHS-Boulderwettkampf

In der Werbebranche werden Maßnahmen, die besonders gut einschlagen, bisweilen mit dem martialischen Begriff „Bouumeffekt“ (in der Ausprache betont wie die Explosion einer Bombe) umschrieben. Im Folgenden eine kleine Geschichte was es damit auf sich haben kann.

Es war einmal eine engagierte Gruppe von Kletterern um Technoclimber Tom Tivadar, die in grauen Vorzeiten (ca. 1995) bienenfleissig einen (den ersten?) Boulderwettkampf im November in Deutschland organisierten. Es ging darum die Saat des Kletterfiebers auszusäen, überall in der BRD werkelten die Apologeten des zukünftigen Breitensportes Klettern an dessen Erweckung. In der (damals) nagelneuen Bouldergrotte in der Zentralen Hochschulsportanlage (ZHS)  in München fanden sich in der Mitte jeden Novembers aus Anlaß des ZHS-Boulderwettkampfes von Anfang an das „Who is Who“ der regionalen Kletterszene ein.

Alex Huber, Stephan Glowacz, Toni Lamprecht, Bruno Vazca, Ulli Lindenthal, Benni Becker, Ralf Grabowsky, Sebastian „Wastl“ Untereglsbacher, Arthur Korte und u.a. auch der Autor dieser Zeilen gesellten sich zu der einmaligen, jährlich stattfindenden Kultveranstaltung dazu. Es traten halbnackte Netzstrumpffetischisten zu Rocky-Horror-Picture auf, regelmäßig wurde der Klassiker „Das – ist – unser – Haus!“ von den Scherben aufgelegt und natürlich donnerte jede Menge Red Chilli und Prodigy in die Arena. Arthur Korte schleuderte sein Shirt in die Zuschauer und präsentierte wie Toni seine Muskelberge. Bruno Vazka setzte die Anwesenden mit seinem ungeschlagenen Feintuning was Technik und Taktik betrifft in Erstaunen und Ralph brillierte mit seinem Fingerstrom. Ich habe mich auch meist ganz wacker geschlagen, aber das war nebensächlich, es ging um viel mehr als nur einen Wettkampf.

Die Mädles brachten bestes Essen zum Spottpreis unters Volk (und nicht wenigeAangehörige des schwachen Geschlechtes zeigten den teilnehmenden Herren, wo es am Plastik lang geht). An den runden Jubiläen gabs auch noch ein gespendetes Fass Bier und es wurde bis in die Nacht hinein gefeiert. Das Ganze gruppierte sich um einen K.O.-Wettkampf (eben den ZHS-Zitzewitz-Bouldercup), der es auch klettermäßig in sich hatte, wer jemals teilgenommen hat, weiß was gemeint ist. Von Zitzewitz war übrigens ein herausragendes, junges, deutsches Klettertalent, der in den 90 Jahren etwa um die Zeit der Installation des ZHS-Bouldercups beim Klettern ums Leben kam. Ca. 2005 nahm an dem Wettkampf sogar ein direkter Angehöriger von Zitzewitz` in der ZHS am Cup teil. Die Gewinner erhielten einen silbernen Zitzewitzpokal, auf dem jedes Jahr der Name des aktuellen Gewinners eingraviert wurde und der somit jedes Jahr weitergegeben wurde. Wer den Pokal (es gab einen für Jungs und einen für Mädels) drei Mal gewonnen hatte, der durfte ihn behalten. Meines Wissens nach gelang das nur einem einzigen Kletterer (Bruno ? oder Ralph?). Nur eine einzige Veranstaltungsserie konnte unter dem Aspekt des Kultstatus, meiner Ansicht nach, mit dem ZHS – von Zitzewitz-Boulderwettkampf jemals konkurrieren: die „Hall of Fame“ in Kufstein (die es  hoffentlich auch weiterhin geben wird!!!, oh yes).

Viele eingefleischte Kletterer der Region freuten sich jedes Jahr auf die Teilnahme an diesem kultigen Event. Schon Wochen vorher klingelten die Telefone/später die Handys: „Bist du auch Mitte November in der ZHS dabei?“. Doch über Nacht kam der „Bouumeffekt“. Obwohl der ZHS-Zitzewitzcup wie jedes Jahr bereits Monate vorher in den Münchner Hallen per kopiertem A4 Papier ausgeschrieben wird und auch auf der ZHS-Homepage angekündigt wird und jede bedeutsame Münchner Kletterpersönlichkeit, von der Existenz dieser Veranstaltung Bescheid weiß, schien es für die Betreibern der gerade neu eröffneten Boulderwelt kein Problem zu sein, an genau dem selben Tag ebenfalls einen Boulderwettkampf auszuschreiben. Mit Hilfe von Facebook, Internet und Co wurde von den Boulderweltbetreibern eine große, fette Werbeaktion für eben genau diesen Tag gestartet. Effekt: nur noch 1/3 der TN in der ZHS, die Sponsoren springen in der Folge ab, das wars mit Zitzewitz und Kult in München … so etwas hatte es bis dato in München nicht gegeben … bis sich am Tag der 2. Gilchinger Meisterschaft ein halbes Jahr später, das Spiel fast wiederholt hätte … noch ein dicker, fetter Bouumeffekt hätte es werden können, hat allerdings nicht so ganz geklappt. Warum ich das hier schreibe? Kann ich mich nicht damit abfinden, daß nicht jeder dort erntet, wo er auch gesät hat? Nein, ich bin einfach nur traurig, ich vermisse in diesem graublauen November etwas, nach all den Jahren… + viele Grüße an Tom!

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